Guts for Change

WAS – DAS PROJEKT

Als vierköpfiges Team werden wir mit dem Fahrrad die Strecke von Berlin nach Mumbai, Indien hinter uns legen. Mit der Tour sammeln wir Spenden um ab Oktober 2012 ein humanitäres Projekt in eine Dorf in der Nähe von Pune zu finanzieren. Es geht dabei sowohl um die persönliche Herausforderung als auch darum, Zeichen für Humanität und Nachhaltigkeit zu setzen. Wir werden die Reise sorgfältig in Bild, Ton und Text dokumentieren.

WER – DAS TEAM

Wir sind keine Profisportler oder Berufsabenteurer. Wir sind normale Leute, die sich entschlossen haben eine ungewöhnliche Reise zu beginnen um sich einer persönlichen Herausforderung zu stellen und die Welt ein Stück besser zu machen.

 Maushami Chetty, Unternehmensanwältin mit Menschenrechtshintergrund

Thomas Jakel, Initiator des Projekts, Unternehmer und Blogger

Johann Angermann, freier Journalist für TV und Print

Erik Fährmann, Student Cultural Studies

Der Experte:

Sven Riesbeck, studiert Geographie, Geologie und Wirtschaft an der Uni Greifswald. Seit 2007 beschäftigt er sich mit der globalen Wasserproblematik und wassersparenden Lösungsstrategien. Als Wasser- und Trockentoilettenexperte wird er das Projekt in Mumbai unterstützen und umsetzen.

 

WIE ­– SOCIAL MEDIA

 

Wir stellen das Projekt selbst auf die Beine! Networking hilft uns bei der Umsetzung des Projekts, bei der Partnersuche, bei der Unterkunftssuche und der Selbstfinanzierung des Trips. Vor Ort arbeiten wir zusammen mit der EcoSan(GIZ) und in Deutschland mit der German-Toilet-Organization(GTO).

                               

Social-Media-Kanäle wie Facebook und Twitter nutzen wir, um auf die das Projekt aufmerksam zu machen. Dazu liefern wir ständig Updates zur Tour und der Menschenrechts-Problematik generell. Journalistische Fähigkeiten von Johann und Bloggererfahrung von Thomas garantieren die Dokumentation der Reise. Die rechtliche Lage und weitere humanitäre Aspekte werden von Maushami abgeklärt. Sven ist der „Wasserexperte“, er kümmert sich um die Umsetzung des sanitären Projekts.

Wir fahren los am 15. April mit einem Zelt, einpaar Kameras und nur dem Nötigsten an Reiseutensilien. Wir versuchen unterwegs so nachhaltig und kostengünstig wie möglich zu reisen. Dabei sollen die kulturellen Erfahrungen und der Spaß nicht zu kurz kommen!

Mit den Spenden aus der Radtour werden ab Oktober 2012 Trockentoiletten in einem Dorf in der Nähe von Pune finanziert.

Warum ist das wichtig?

An vermeidbaren, durch schmutziges Wasser und mangelhafter Hygiene übertragenen Krankheiten sterben täglich 6000 Menschen, darunter viele Kinder. 80 % aller Krankheiten in Entwicklungsländern sind wasserinduziert und 1,3 Mrd. Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Etwa doppelt so viele Menschen verfügen nicht über die einfachste Sanitärversorgung.

Allein in Indien betrifft dies 809 Mio. Menschen, die ihre Notdurft ins Freie verlegen müssen. Das sind 72 % der Gesamtbevölkerung. Besonders drastisch ist es in Slums in den großen Ballungsräumen, beispielsweise in Mumbai, Bangalore oder Neu Delhi.

Ein Beispiel ist der East Mumbai Slum. Im Gegensatz zu vielen anderen Slums gibt es hier Toiletten.  Insgesamt 18 Toiletten (8 für Frauen, 10 für Männer) stehen für 50.000 Einwohner zur Verfügung. Wartezeiten von über einer Stunde und unhygienische Bedingungen sind die Regel. Viele Slumbewohner können sich die 2 Rupees (4 Cents) Benutzungsgebühr nicht leisten.

Warum Trockentoiletten?

Trockentoiletten sind eine biologische, nachhaltige Alternative zu Wasserspültoiletten. Sie ermöglichen einen flächendeckenden Zugang in Regionen mit Wasserknappheit und  in tropischen Regionen in denen aufgrund starken Niederschlags, Fäkalien ins Grundwasser und in die Flüsse gelangen, welche als Trinkwasserquellen genutzt werden.

Das Projekt stützt sich auf eine auf das Allgemeinwohl ausgerichtete Grundbedürfnisstrategie. Die 4 Säulen, Wasser, Nahrung, Bildung und sanitäre Versorgung bilden das Grundgerüst für jegliche gesellschaftliche Entwicklung. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist dabei der wichtigste Grundbaustein. Deswegen hat der nicht nachhaltige Umgang mit den Wasserressourcen und die unzureichende Wasserversorgung und Abwasserentsorgung für Milliarden von Menschen fatale Folgen.

Hier wollen wir mit einem Projekt ansetzen, dass sich in absehbarer Zeit selbst finanzieren soll. Einerseits aus dem Verkauf von Dünger, andererseits aus einer kleinen Benutzungsgebühr für die Bewohner, die es sich leisten können. Für Kinder, Behinderte oder Zahlungsunfähige wird die Benutzung kostenfrei sein.

-Seven Riesbeck

Jeder hat ein Recht auf Toiletten!

Bitte unterstützen Sie unser Projekt.

Don’t worry, Chicken Curry!

Es sollte doch alles ganz einfach werden. Helge Timmerberg der Dr. Gonzo Germany hatte es uns vorgemacht: Einfach nach Indien fliegen, nen dicken Pulli  kaufen und rauf in den Himalaya zur Quelle des Ganges steigen, aber ganz so einfach war es dann doch nicht.

(1.Auszug Reisetagebuch)

…Today is holiday , Sir!                                                                                                           13.08.2011

Wir sind endlich, auf den Spuren von Timmerberg, zwischen Rishikesh und Gangotri in Uttarkashi gelandet. Gute 24 Stunden Reise haben uns über verschiedene Stationen und Verkehrsmittel hierher gebracht. Reisen in Indien ist für uns mittlerweile ein heikles Thema, denn bereits in der vierten Nacht unseres Aufenthalts mussten wir Zeugen eines heftigen Busunglücks werden. Seitdem wir die blutüberströmten Backpacks aus der total zerstörten Front unseres Reisebusses gezogen haben, arbeiten wir an der Aufarbeitung dieses Erlebnisses. Doch auch ohne Trauma ist die Fahrt auf einer ungesicherten Straße, zu zwölft in einem verrosteten Jeep am Rande eines kilometertiefen Abhangs eine nervenaufreibende Angelegenheit. Im Moment sitzen wir im Wintergarten des Monal Guesthouse und blicken hinab auf den jungen Ganges, der sich rasant seinen Weg durch die glattgeschliffenen Felsen bahnt. Seine Quelle ist unser Ziel, allerdings halten uns zwei Dinge hier fest:  Der Regen und die Religion. Der Regen, weil durch ihn das Sediment durchweicht ist und es entlang der Gebirgspässe immer wieder zu Steinschlägen und Erdrutschen kommt. Die Religion, weil heute Feiertag ist, „Sister-Love-Day“ oder so. Deshalb hat auch keiner Lust die Steinmassen auf der Straße nach Gangotri wegzuräumen. Morgen ist Sonntag und das Forrest Department macht erst wieder am Montag auf…

Unverhoffterweise war an jenem Montag „Independence Day“ und weil die Inder das verlängerte Wochenende  angemessen feiern wollten, waren alle Geldautomaten in Uttarkashi  leergeräumt. Als wir Dienstag endlich Geld abheben wollten um weiter zu reisen, erreichte uns die Nachricht, dass sowohl vor als auch hinter uns Erdrutsche die Straße mitgerissen hatten. Ein Italiener und eine Russin kamen ins Gasthaus, sie hatten das gleiche Ziel. Wir hielten eine Krisensitzung ab und der Besitzer der Herberge, ein erfahrener Bergsteiger, gab uns einen weisen Rat: „If you wnat to go – then GO!“  Der Italiener hatte Geld wie Heu und machte keine Anstalten uns auszuhelfen, also packten wir da Nötigste zusammen und gingen am nächsten Morgen los

(2.Auszug Reisetagebuch)

Wir sitzen fest in Gangotri.                                                                                                        17.08.2011

Alle Gebirgspässe um uns herum sind gesperrt. Die Dorfpolizei (ein junger Kerl der kaum Englisch spricht und ständig an seinem Schal rumknabbert) hat uns verboten zur Quelle zu steigen, da auf dem Weg bereits rund 20 Touristen von Schneemassen eingesperrt sind. Es gibt keine Jeeps und das Wetter bleibt unbeständig (nasskalt bei ca. 6 Grad). Wir essen seit Tagen nur noch Linsensuppe und Kohl. Ferdinando denkt darüber nach, einen Helikopter zu rufen. Er konsultiert täglich Swami Sundranand, den Oberguru des Dorfes. Dieser rät: „Sei genügsam, meditiere täglich und halte dein Haus sauber!“  

Der Spruch war voll daneben! Gefangen auf 3500m im Himalaya. Wir waren den Naturgewalten hilflos ausgesetzt und für die feuchtkalte Witterung überhaupt nicht ausgerüstet, von wegen Pulli und so, ich war da oben in meinen Turnschuhen! Nach einigen Tassen Tee und mehreren Zigaretten im  „Sweet Coffee Shop“ sah ich mich um und merkte dass außer dem Italiener und seiner Schickimicki Freundin alle ziemlich entspannt waren. Niemand der Dorfbewohner schien sich großartig darum zu kümmern, dass rings um sie herum die Felsblöcke von den Bergen rollten. Auch diejenigen, die sich in den Yogatempeln, den sogenannten Ashrams, niedergelassen hatten, sah man gelegentlich mit einem Lächeln auf den Lippen, wenn sie ihren Lotussitz übten. Eigentlich waren nur wir es, die sich Sorgen machten. Ich, weil ich doch zur Quelle des Ganges wollte und zusah wie der Weg dorthin immer unüberwindlicher wurde und Ferdinando, weil er ein neurotischer Italiener war und Angst hatte, er könnte seinen Rückflug verpassen.

Wie peinlich! Hier im heiligen Gangotri unweit der Quelle von Mama Ganga, hier scheiß ich mir in die Hose wegen so etwas belanglosen wie Niederschlag?  Ich erinnerte mich an die Worte eines Guides, den wir in Kaschmir kennengelernt hatten. Er sagte stets:„Don’t worry, chicken curry!“, mehr gab sein Englisch nicht her. Wer hätte gedacht, dass dieser Spruch zum Leitsatz unserer gesamten Reise werden würde? Wir schauten uns noch einmal den zerstörten Pfad zur Quelle an. Sadhus, orange gekleidete Pilgermönche kamen uns entgegen. Unbeirrt hoben sie ihre Gewänder hoch und liefen barfuss durch die eiskalten Gebirgsbäche. Hatte ich mich wirklich über nasse Füße beschwert? Auf dem Weg kamen wir immer wieder an Steinhöhlen vorbei, die bescheidenen Unterkünfte derer, die durch Meditation ihren Frieden suchen. In der folgenden Nacht trockneten wir unsere Schuhe über Kerzen, genossen die beruhigende Kraft des Gebirges und lauschten dem Rauschen des Flusses. Am Morgen gingen wir in den Tempel und ließen uns mit dem Zeichen der Erleuchtung, einem rotem Punkt zwischen den Augen, segnen denn die nächsten 100 Kilometer würden wir zu Fuß zurücklegen.

Indiens neue Helden

Wer ist eigentlich Anna Hazare?

Diese Frage drängte sich mir diesen August immer wieder auf, während meiner Reise durch Nordindien. Für meine Bachelorarbeit begab ich mich auf die Spur des deutschen Journalisten Helge Timmerberg, der den Ganges von der Quelle bist zu seinem Delta verfolgt hatte.

Zum ersten Mal las ich den Namen „Anna Hazare“ in einer Ausgabe der Hindustan Times in Amritsar. Es stand dort irgendetwas von einem „ Jan Lokpal Bill Against Corruption“. Später in Gangotri, einem kleinen Dorf in der Nähe der Ganges Quelle versammelten sich auffällig viele Sadhus in einem kleinen Coffee-Shop vor dem Fernseher. Aus Neugier setzte ich mich dazu und verfolgte mit ihnen die Nachrichten. Als „Breaking News“ kam ein Bericht über den Hungerstreik des tapferen Anna Hazare. Zu sehen war ein älterer Herr vor dem Bildnis des größten Helden Indiens: Mahatma Gandhi. Reporter aus verschiedenen Teilen Indiens wurden zugeschaltet und zeigten Massen von Demonstranten, die Plakate mit dem Gesicht ihres Idols Hazare hochhielten. Das Ganze war natürlich auf Hindi und ich verstand nur sehr wenig von dem, was dort auf der Matscheibe passierte. Ich fragte nach, doch niemand konnte mir genau erklären worum es ging. „New Gandhi“ und „National Hero“ waren die knappen Antworten darauf wer, denn dieser Anna Hazare sei.

Die nächste Station der Reise war Rishikesh. Der Gott Krishna hatte Geburtstag und an einen großen Platz am Ufer des Ganges bereiteten sich die Menschen auf die nächtliche Feier vor. Viele standen direkt am Fluss, wuschen sich und legten Opfergaben ins Wasser. Ich ging näher heran um dem Treiben zuzusehen. Eine Gruppe von Protestierenden begab sich auf den Platz und bahnte sich den Weg zum Ufer. Plötzlich stand ich mitten in der Menschen Menge. Anna-Hazare-Plakate wurden ausgeteilt, auf denen stand: „I Support – India Against Corruption“  darüber das Gesicht des neuen Nationalhelden.  Spätestens jetzt war es an der Zeit nachzuforschen.

Kisan Baburao Hazare, wurde 1937 in der Nähe von Mumbai geboren. Er war 15 Jahre beim Militär und wurde bereits 1965 als einziger Überlebender eines pakistanischen Luftangriffs zum Helden. Zehn Jahre später verließ er die Armee und kehrte zurück in sein Heimatdorf. Um die Armut der ortsansässigen Bauern zu bekämpfen half er ihnen ein revolutionäres Regenwassersystem zu einzurichten. Dabei fiel ihm die Korruption in den lokalen Behörden auf und er beschloss kurzer Hand auch dies zu ändern. Hazare gründete 1991 die Volksbewegung gegen Korruption (Bhrashtachar Virodhi Jan Andolan). Als Indiens bekanntester Antikorruptionskämpfer hat er die Gunst der Menschen. „Anna“ bedeutet „großer Bruder“, Anna Hazare verbündet Arm und Reich und sein „Team Anna“ wird auch von bekannten Persönlichkeiten der indischen Gesellschaft unterstützt. Er ist fest entschlossen die Inder von ihrer Geißel zu befreien. Er fordert Ombudsleute die sich unparteiisch und vom Staat kontrolliert um die Bedürfnisse ihrer Bürger kümmern. Dabei geht es um essentielle Dinge wie Schulplätze und ärztliche Versorgung. Um die Umsetzung des Antikorruptionsgesetzes „Jan Lokpal“ zu erzwingen trat Hazare am 16. August diesen Jahres in den Hungerstreik. Die Resonanz in der Bevölkerung war so groß, dass das Parlament  nachgeben musste und Hazare am 28. August den Streik beenden konnte.

Zu dieser Zeit befand ich mich in Varanasi. Vor der Benares Hindu University fuhren die Studenten in Kolonnen auf und ab, schwangen die Indische Fahne und jubelten zu Hazares Sieg. Ich stimmte mit ein: „Anna Hazare! – Anna Hazare! – Anna Hazare!“